WeWork bietet kapitalistische Kuschelatmosphäre, Berlin bekommt einen 300 Meter Startup-Campus und Michael Dell hat die Teuerste

WeWork: „Eine unbehagliche Kombination aus kapitalistischer Ambition und kooperativer Wärme“

Der Coworking-Anbieter WeWork gilt nach Airbnb und Uber als das am dritthöchsten bewertete Tech-Unternehmen der neuen Generation (der Begriff ‘Startup’ scheint bei einer Firmenbewertung von 20 Milliarden Dollar ziemlich fehl am Platz). Doch was zieht die jungen Gründer, Kreativen und Freischaffenden in diese kuratierten Bürolandschaften? Ein Artikel im Atlantic schildert die eigentümliche Arbeitsatmosphäre bei WeWork: „With its abundant conveniences and event-directing community managers, WeWork can feel like an all-inclusive cruise. Cruises, of course, aren’t for everyone.”

Das Geschäftsmodell ist nicht besonders ausgefallen und ähnliche Konzepte gab es auch schon in der Vergangenheit. Letzendlich bietet WeWork „Space as a Service“. Große Büroflächen in urbaner A-Lage werden angemietet und mit einem happigen Preisaufschlag an Startups (oder große Firmen, die sich gerne wie ein Startup fühlen möchten) weitervermietet. „Its practice has been to sign long-term leases en masse, striking multiproperty agreements to get the best deals with landlords, then renting spaces at a premium.”

Das Versprechen von WeWork liegt im kooperativen Zusammenarbeiten und einem kreativen Mehrwert, der sich durch den Austausch mit den Flurnachbarn ergeben soll. „WeWork is taking the ‘creative clustering’ already happening in cosmopolitan centers and concentrating it even further.”

In der Tech-Branche gehört es ja fast zum guten Stil, mit viel Wagniskapital im Rücken jahrelang Milliardenverluste zu produzieren. So erwirtschaftet auch WeWork bisher keine Gewinne, was das ganze Unterfangen als recht große Wette erscheinen lässt.  „Many observers in the real-estate industry say WeWork is wildly overvalued, and its aggressive expansion plans unrealistic.”

Ohnehin liegen die wahren Werte trotz des aktuellen Immobilienbooms nicht in Stein und Beton, sondern in Daten. Das hat augenscheinlich auch WeWork erkannt und plant den Schatz zu heben, der sich in seinen Räumen verbirgt. „WeWork plans to sprinkle offices with data-harvesting sensors and facial-recognition software.” Wie so oft bei derartigen Geschäftsmodellen wird der Kunde zum eigentlichen Produkt.

Wer noch mehr über die Welt von WeWork erfahren möchte, dem sei dieses Dossier in der New York Times empfohlen.

Zalando feiert Richtfest

Die neue Firmenzentrale von Zalando, zwischen Ostbahnhof und Spree in Berlin-Friedrichshain gelegen, hat Richtfest gefeiert. Optisch erinnert der Campus an die großen Vorbilder im Silicon Valley. Die Versorgungsleitungen liegen offen („Hacker Chick“) und für die Mitarbeiter gibt es Loungebereiche, Yogaräume und einen Basketballplatz auf dem Dach.

Trotz der zahlreichen Arbeitsplätze, die der Versandhändler in Berlin geschaffen hat, ist seine wachsende Präsenz nicht überall gerne gesehen.

Der neue Koalitionsvertrag und die Digitalisierung

Was sagt eigentlich der neue Koalitionsvertrag zum Thema Digitalisierung? Offenbar nicht viel. Die Autoren von netzpolitik.org haben sich die 177 Seiten vorgenommen und kamen zu dem Schluss, dass die neue Bundesregierung vor allem bestrebt ist, Startups den Zugang zu Wagniskapital zu erleichtern und bürokratische Hindernisse abzubauen.

Die wirklich spannenden Fragen bleiben jedoch ungeklärt: Sind plattformbedingte Monopolbildungen und technologische Lock-In-Effekte ökonomisch und gesellschaftlich erstrebenswert? Wie ist mit den umstrittenen Geschäftsmodellen von Sharing Economy (Home Sharing, Ride Sharing) und Gig Economy (Essenslieferanten) umzugehen? Und gibt es keine alternativen Modelle, die beispielsweise genossenschaftlich organisiert sind und die technologischen Möglichkeiten zur Mehrung des Gemeinwohls einsetzen?

Amazon ist gut für den Verkehr in Seattle

Zu Amazons dominanter Stellung in Seattle war zuletzt nicht viel Gutes zu lesen. Dass das Unternehmen auch positiv auf städtische Belange einwirken kann, zeigt das Beispiel Verkehr. Durch Mitarbeiterprogramme und Zuschüssen zu städtischen Infrastrukturvorhaben konnte der Anteil der ÖPNV-Nutzung gesteigert werden, während immer weniger Arbeitnehmer alleine mit dem Auto in die Stadt pendeln. Entscheidend für diese Entwicklung ist die zentrale Lage von Amazon im Herz der Stadt. Mit einem periphären Vorstadtcampus wäre eine derartige Reduktion des PKW-Verkehrs kaum möglich gewesen.

B:HUB – Neuer Riesen-Startup-Campus für Berlin

Und noch ein Startup-Campus: Am westlichen Ende der Rummelsburger Bucht wird sich entlang der Kynaststraße ab 2020 ein 300 Meter (!) langer Gebäuderiegel erheben. Der B:HUB bietet auf 47.300 m² Büroflächen für Startups und andere Firmen. „The Place to Connect“ wirbt mit der gewohnten Mischung aus Berlin-Anleihen – Szenekiez und Clubkultur in unmittelbarer Nähe. Wer möchte, kann sich sein Eckchen schon mal sichern. Den Quadratmeter gibt es für 22 bis 24 Euro im Monat.

Microsofts Kommunalmonopol

Auf eine gänzlich andere Form des Tech-Urbanismus weist die Süddeutsche Zeitung hin. Bis vor kurzem galt München europaweit als Vorbild, war es doch eine der wenigen Städte, die auf offene Software von Linux setzte. Damit ist es bald vorbei. Auch an der Isar wird zukünftig wieder auf Microsoft gesetzt. Die Umstellung ist wegen des Lock-In-Effektes nicht nur dauerhaft teuer, sie macht die kommunalen Daten auch anfälliger für Angriffe von außen.

Airbnb führt Hotelstandard ein

Letzte Woche habe ich an dieser Stelle noch berichtet, dass neue Dienstleister den Airbnb-Vermietern die meiste Arbeit abnehmen und die Wohnungsbesitzer mit ihren „Gästen“ gar nicht mehr in Kontakt kommen. Nun hat Airbnb das Premiumsegment selber entdeckt und möchte mit Hotelstandards bei der wohlhabenden Kundschaft punkten. Um bei „Airbnb Plus“ aufgenommen zu werden, müssen die Vermieter eine 100 Punkte Liste abarbeiten und weiteren Kriterien genügen. Im Gegenzug gibt es deutlich mehr Geld pro Übernachtung.

Airbnb: Utopie und/oder Dystopie?

Airbnb zerstört die Städte, denn es fördert den Massentourismus und verteuert das Wohnen? Vielleicht, argumentiert dieser Artikel bei Citylab, denn gleichzeitig ermögliche die Plattform eine Demokratisierung des Marktes für Übernachtungsmöglichkeiten. Gewonnen haben dürften die Reisenden, da das zusätzliche Angebot die Hotelpreise drückt. Dem gegenüber stehen als „Kollateralschaden“ jedoch die Stadtbewohner, die mit einem verknappten Angebot an Wohnraum zu kämpfen haben.

Der Tracking-Supermarkt

Für Supermärkte könnte ein Traum in Erfüllung gehen. Was online längst Standard ist, das totale Durchleuchten des Kundenverhaltens, soll auch beim analogen Einkauf bald Wirklichkeit werden. Durch WLAN-Netze lässt sich erkennen, welcher Besucher sich im Geschäft wo und wie lange aufhält. Mit speziellen Apps kann das Tracking noch verfeinert werden. Das Erkennen einzelner Kunden ermöglicht es den Handelsketten, passgenaue Angebote für jedes individuelle Profil zuzuschneiden. Für Datensicherheit und Persönlichkeitsrechte heißt das naturgemäß nichts Gutes.

Micheal Dell hat die Teuerste

Wem gehört die teuerste Wohnung in New York? Eigentlich eine geistlose Frage, die Antwort versinnbildlicht jedoch einen gravierenden Effekt des Tech-Reichtums. Das 100 Millionen Dollar Penthouse gehört nämlich Michael Dell, Gründer des Computerherstellers Dell. Und was machen Technologie-Milliardäre gerne mit ihrem Geld? Sie kaufen Luxusimmobilien – und nehmen somit erheblichen Einfluss auf die Frage, wem die Stadt gehört und wem sie dienen soll.

Die Stadt als ultimatives Startup

Städte sind angesagt bei den Tech-Konzernen. Am liebsten möchte jeder eine haben. Oder besser noch: selber eine bauen. Einen Überblick über die städtebaulichen Ambitionen der Startup-Branche bietet dieser Artikel in der New York Times. Er erläutert, warum es in der Vergangenheit nicht geklappt hat mit den technologiegetriebenen Stadtutopien und warum auch bei den heutigen Smart City-Visionen Zweifel angebracht sind.

Interview mit Katalin Gennburg

Katalin Gennburg, Linke-Politikerin und Sprecherin des Berliner Abgeordnetenhauses für Stadtentwicklung, Tourismus und Smart City, hat der jungen Welt ein Interview zu den Tech-Ansiedlungen in Kreuzberg gegeben. Ihr Resümee: Firmen wie Google und Zalando verfügen über erhebliches Kapital, das sie auch in gebauten Raum investieren. Das wird zu Recht kritisch gesehen, dennoch gelten auch hier die gesetzlichen Eigentumsrechte. Es bleibt die Frage: „Wie kann man Awareness in der Umgebung schaffen und das von Landesebene politisch unterstützen?“ Antworten, Vorschläge und Ideen gerne an mich.