Die neue StadtBauwelt widmet sich dem Phänomen des „Silicon Valley Urbanismus“. Das Heft behandelt die Stadtvisionen der großen Tech-Firmen, die Verdrängungsprozesse in San Francisco und die Auswirkungen neuer Technologien auf das urbane Zusammenleben.
Jedes Kind kennt das Silicon Valley, die Technikwunderschmiede im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch kaum jemand weiß, wie es dort aussieht. Dabei sind die amerikanischen IT-Konzerne aktuell dabei, futuristische Visionen für unsere Städte zu entwerfen, die tief in der räumlichen Biographie der Hightech-Region verwurzelt sind. Höchste Zeit, mal einen Blick auf die städtischen Auswirkungen von Google und Co. zu werfen und zu verstehen, was da in Zukunft vielleicht auch auf uns zukommt.
Ende Dezember erschien die neue Ausgabe der StadtBauwelt, die ich im Team mit Freunden und Kollegen als Gastredaktion mitgestalten durfte. Das Heft trägt den schönen Titel „Silicon Valley Urbanism“, angelehnt an das gleichnamige Buch der Architektin und Autorin Alexandra Lange. In ihm setzen wir uns mit Eindrücken auseinander, die wir 2015 während einer Reise nach Kalifornien gemacht haben, wo wir die Firmencampusse von Apple, Facebook, Google und Tesla besuchten. Dabei fiel uns auf, wie monoton, abgeschottet und städtebaulich banal diese Areale sind.
Während das eigentliche Silicon Valley von einer suburbanen Struktur geprägt ist, zeigt sich San Francisco als das urbane Herz der Hightech-Region. Unvorstellbarer – geradezu obszöner – Reichtum und existenzielle Armut liegen hier nahe beieinander. Die angesagten Viertel werden zunehmend von gut verdienenden Techies und reich gewordenen Jungunternehmern aufgekauft. Gentrifizierung und die Verdrängung eingesessener Bevölkerungsgruppen haben eine völlig neue Dimension erreicht. Die Folgen sind extrem.
Obdachlose campieren auf den Gehwegen – häufig direkt vor den Büros milliardenschwerer Startups –, ganze Familien müssen wegen des Wohnungsmangels dauerhaft in Garagen oder Lieferwagen hausen. Auch die Mittelschicht kann bei den astronomischen Mietpreisen nicht mehr mithalten. Viele Normalverdiener ziehen ins Umland und nehmen stundenlange Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte auf sich.
Die Auswüchse des digital-technologischen Kapitalismus auf das städtische Zusammenleben sind alarmierend. Teilhabe an fundamentalen Lebensbereichen wie Wohnen, Bildung und öffentliche Dienstleistungen wird vorrangig zu einer Frage der finanziellen Ausstattung. Diese Entwicklung ist leider nichts Neues und weltweit in vielen Städten zu beobachten. Doch die Digitalisierung und die beispiellose Kapitalausstattung der Internetökonomie wirken wie ein Katalysator, der die ohnehin schwerwiegende Problemlagen noch verstärkt und beschleunigt.
Noch in den USA war uns klar, dass wir unsere Erlebnisse in einer angemessen Form verarbeiten wollen. Entsprechend gefreut haben wir und über das Angebot der Bauwelt-Redaktion, ein Themenheft zum Urbanismus im Silicon Valley zu machen. Wir haben uns noch tiefer in das Thema eingelesen, Texte verfasst (und wieder verworfen), Grafiken erstellt und weitere Autoren gefunden, die das Magazin mit ihrer Sicht bereichern. Herausgekommen ist eine umfassende Übersicht, die die grundlegenden Entwicklungen, welche die Stadtentwicklung im Silicon Valley gegenwärtig prägen, zusammenbringt und zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Phänomen einlädt.
Sehr früh trieb uns bei der Arbeit die Frage um, was das alles für uns hier in Deutschland bedeutet. Was wird aus Städten wie Berlin, München und Hamburg, die ebenfalls einen Boom der Startup-Szene erleben? Sind dort mittelfristig ähnliche Symptome zu erwarten wie im Silicon Valley? Und wie gehen wir damit um? Aus dem Antrieb, diesen Fragestellungen auf den Grund zu gehen, ist letztlich auch dieser Blog entstanden.
Comments by Felix
Tech-Urbanismus – Los geht’s!
"Vielen Dank für diesen ersten Kommentar und die..."